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01.07.2020

„Für die Zukunft einen stabilen Wald aufbauen“

Städtische Förster erklären, wie Borkenkäfer den Fichten im Stadtwald zu schaffen machen

Auch im Umfeld des Trimm-Dich-Pfades und des Waldlehrpfades mussten Fichten fallen. Foto: Stadt

Spaziergänger und Wanderer, die unlängst im Stadtwald unterwegs waren, konnten dort Veränderungen im Erscheinungsbild des Forstes feststellen: Manche Stellen, an denen vor Kurzem noch scheinbar sattgrüne Fichten standen, präsentieren sich heute als braune Kahl-Flächen. Aufgrund des Borkenkäferbefalls infolge von Trockenheit waren hier Fällarbeiten erforderlich geworden, um somit zumindest die völlige Wertlosigkeit des Holzes zu verhindern.

Dies zeigt sich unter anderem rund um die Paradieswiese oder im Bereich der Bloser Hütte. Die städtischen Förster Guido Ebach und Alfons Retterath wissen, dass der Borkenkäfer durch sein Eindringen in den Stamm die Fichte unausweichlich zum Absterben bringt. Kennzeichen für das Wirken der Käfer sind zurzeit meist nur kleine Bohrmehlhäufchen im überirdischen Wurzelbereich des Stammes. Auf der Rinde selbst sind manchmal auch vereinzelte Harztröpfchen erkennbar. In den selbstgebohrten Gängen der Bäume breiten sich die Käfer aus, pflanzen sich unter der Borke fort und legen dort ihre Eier.  Dieser Vorgang wiederholt sich mehrmals im Jahr, je regenärmer die Witterung umso häufiger. „Hieraus entstehen Armeen von Borkenkäfern, die der Fichte als Baumart in unserem Wald mittelfristig keine Chance lassen werden“, erläutert Ebach. Und eine Möglichkeit, diesen Prozess aufzuhalten und die Fichte zu retten, gibt es unter den derzeitigen Bedingungen nicht.

Guido Ebach: „Also bleibt nur zu retten, was zu retten ist: Es gilt, den wirtschaftlichen Schaden durch den Preisverfall des Holzes so klein wie möglich zu halten.“ Praktisch bedeutet dies, dass das Holz gefällt, an die Waldwege gelegt und schnellstmöglich verkauft wird. Doch nicht nur im Stadtwald von Bad Neuenahr-Ahrweiler müssen Fichten fallen. Daher sind die Sägewerke kaum noch in der Lage, die riesigen Mengen an Holz zu verarbeiten. Eine Situation, die den Preis von Fichtenstammholz um fast 70 Prozent fallen ließ. „Die Folgen sind umso dramatischer, da die Fichte in der Vergangenheit einen nicht unerheblichen Anteil an den Einnahmen im Forstbetrieb der Stadt hatte“, ergänzt Alfons Retterath. „Einnahmeausfälle im Betriebsergebnis sind also zu erwarten.“

„Klimastabile“ Baumartenmischung soll

in Zukunft Schutz vor Bedrohungen geben

Gibt es zumindest holzwirtschaftlich keine Zwischenlösung? Eine Konservierung des Holzes, etwa durch Trockenlager oder Folien sei äußerst aufwändig und im Ergebnis nicht abschätzbar, so die städtischen Forstexperten: Ob das Holz anschließend zu einem kostendeckenden Erlös verkauft werden kann, sei zumindest unsicher. Und als wäre dies nicht genug: „Auch andere Baumarten wie beispielsweise die Buche leiden unter den derzeitigen Klimabedingungen“, so Retterath weiter.

An einigen Stellen werden abgestorbene Fichten weiterhin sichtbar bleiben. Hier ist der Käfer nicht mehr im Holz, eine Gefährdung der Nachbarbäume daher ausgeschlossen. In diesen Bereichen, meist abseits von Wegen in denen der Waldbesucher durch umstürzende Bäume nicht gefährdet ist, soll sich ein natürlicher Prozess entwickeln. „Da das Betreten dieser Flächen unter den abgestorbenen Fichten jedoch auf Jahre nicht möglich sein wird, ist dies kein Konzept für die Mehrzahl der geschädigten Waldgebiete,“ erklärt Alfons Retterath.

Sein Forstkollege Guido Ebach sieht in dieser Krise jedoch auch eine Chance. „Es gilt für die Zukunft, einen stabilen Wald aufzubauen, der den zurzeit abschätzbaren Gefahren etwas entgegen zu setzen hat“, so Ebach.  Ziel sei es, eine Baumartenmischung zu pflanzen, die durch ihre Vielfalt Schutz vor auftretenden Bedrohungen bietet. Als Beispiele dafür nennt er unter anderem Baumarten wie Esskastanie, Walnussarten, Eichen oder Weißtanne. Aber auch bei uns noch nicht etablierte, jedoch robuste Baumarten wie türkische Tanne oder slawonische Eiche könnten seiner Meinung nach eine Rolle spielen.

Mit einer Wiederbewaldung im Eiltempo ist jedoch nicht zu rechnen: Zum einen seien die Betriebe noch nicht auf die gestiegene Nachfrage nach den “klimastabilen“ Baumarten bei den Baumschulen vorbereitet. „Zum anderen ist der Waldboden durch die lang anhaltende Trockenheit der vergangenen Monate so geschädigt,“ sagt Ebach, „dass frisch gepflanzte Bäume bei weiter ausbleibendem Niederschlag kaum eine Chance haben, Fuß zu fassen.“

Trotz all dieser Widrigkeiten ist man bei der Stadt insgesamt zuversichtlich, den vorgezeichneten Weg des Waldaufbaues für die Zukunft gehen zu können. „Einen überlebensfähigen Wald zu gestalten, ist eine Aufgabe, der wir verpflichtet bleiben werden,“ so die beiden städtischen Förster unisono.