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21.11.2013

Neue Kurverwaltung in Bad Neuenahr aus der Taufe gehoben

Heilbad Gesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler mbH: Stadt begegnet aktiv dem Strukturwandel im Heilbad  

21. November 2013

Der Stadtrat hatte in seiner Sitzung am Montag den Gesellschaftsvertrag der „Heilbad Gesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler mbH“ beschlossen. Dienstag folgte die notarielle Beurkundung. Heute (Donnerstag, 21. November 2013) informierte Bürgermeister Guido Orthen im Kreise der Fraktionsvorsitzenden und des Vorsitzenden des Ahrtal-Tourismus Bad Neuenahr-Ahrweiler e.V. über die städtische Motivation zur Gründung der Heilbad Gesellschaft sowie über deren Aufgabenfelder.

„Mit der Gründung der „Heilbad Gesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler mbH“ haben wir die neue – und einzige – Kurverwaltung in Bad Neuenahr aus der Taufe gehoben“, sagte der Bürgermeister und ging auch auf die jüngsten Aussagen seitens der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) ein.

Guido Orthen: „Seit fast zwei Jahren vernehmen wir die eindeutigen und keinesfalls „missverständlichen“ Ansagen der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr, sich vom Kurbetrieb zu trennen, weil dieser defizitäre Geschäftsteil wesentliche Ursache für die Schieflage des Unternehmens sei.“ Stadtrat und Verwaltung befassen sich seitdem intensiv mit der Struktur und den Essentialien des Heilbades Bad Neuenahr. „Kern aller seitdem getroffenen Entscheidungen war immer, den Status als Heilbad für die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler zu sichern“, so Orthen. „Mit dem Kauf der konstitutiven Elemente des Heilbades (Quelle, Kurpark, Konzerthalle etc.) im vergangenen Jahr sind diese der Disposition eines einzelnen privaten Unternehmens entzogen. Als Eigentümerin ist die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler seitdem bereits Trägerin des Heilbades.“

Die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben war dann mittels Vertrag der AGBN für eine Übergangszeit übertragen worden. Nach der Kündigung dieses Vertrags durch die AGBN zum 31.12.2013 musste die Aufgabenwahrnehmung neu organisiert werden. „Da im Spielbankgesetz von der ‚Kurgesellschaft’ in Bad Neuenahr-Ahrweiler“ die Rede ist, haben wir uns für eine privatrechtliche Organisation der Aufgabenwahrnehmung in Form der GmbH entschieden“, so Orthen. Denn dass die „zur Förderung des Kurbetriebs und des Fremdenverkehrs“ zweckgebundene öffentliche Förderung des Landes Rheinland-Pfalz in Form eines Anteils an der Spielbankabgabe an die städtische Gesellschaft fließt, ist elementar.

Stimmen der Fraktionsvertreter

„Nur so sind die Aufwendungen für die Heilbad-Infrastruktur zu finanzieren und deren Niveau dauerhaft zu erhalten“, so Christoph Kniel, CDU-Fraktionsvorsitzender. Die städtische Heilbad Gesellschaft stehe dabei für eine transparente und zweckentsprechende Verwendung der Mittel. „Da sie sich in ihrem Leistungsspektrum auf Angebote beschränkt, die der allgemeinen Standortsicherung und -förderung dienen, greift sie nicht in den örtlichen Wettbewerb ein“, so Hans Boes, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. „Denn Leistungen wie Fitnessstudios, Physiotherapie, Fango, Massagen, Bewegungstherapie und selbst Wannenbäder bieten zahlreiche Betriebe in der Stadt an. Da überschätzt die AG ihre Bedeutung für den Standort deutlich und belügt sich selbst, wenn Sie davon ausgeht, dass nur sie Leistungsträger der örtlichen Gesundheitsbrache ist“, so Boes weiter.

„Damit wir nicht missverstanden werden: Alle Fraktionen im Stadtrat würdigen die historischen Leistungen der AG und insbesondere die Mitarbeiter. Es würde uns freuen, wenn die AG als „Gesundheits-AG“ ein gewichtiger Akteur der örtlichen Gesundheitsbranche bliebe. Dies muss aber eine wirtschaftlich solide Entscheidung des Unternehmens sein und keine schöne Fassade ohne Inhalt, nur um weiterhin Empfänger der Spielbankabgabe zu sein. Für das aktuelle Operettentheater haben wir alle wenig Verständnis,“ so Elisabeth Graff, SPD-Fraktionsvorsitzende.

Für Wolfgang Schlagwein, Fraktionsvorsitzender Bündnis’90/Die Grünen, ist die Gründung einer städtischen Heilbad Gesellschaft auch deshalb zwingend und richtig „damit die Stadt auch einen echten Einfluss auf ihre Beteiligungsgesellschaft ausüben kann, so wie es die Gemeindeordnung fordert. Die bisherige Beteiligung der Stadt an der AG war indes vor allem für die AG bequem, konnte man damit doch den Eindruck erwecken, als seien wesentliche Unternehmensentscheidungen mit der Stadt „abgestimmt“, weil diese ja maßgebliche Anteilseignerin und Mitglied im Aufsichtsrat sei. Faktisch haben wir 1 Stimme in einem Gremium mit 9 Mitgliedern.“ „Die nächste Frage, mit der wir uns als Rat insofern zu beschäftigen haben werden ist daher, wie wir mit unserem Aktienpaket umgehen“, so Schlagwein weiter.

David Jacobs, FDP-Fraktion, hebt vor allem den Beirat der Heilbad Gesellschaft als Novum hervor. „Hier wird ein echtes Sprachrohr aus Vertretern der Kliniken, der Ärzte, der medizinisch-therapeutischen Berufe, des Ahrtal-Tourismus, der Werbegemeinschaften und der Beherbergungsbetriebe entstehen. Dies unterstreicht zusätzlich die Legitimation der Heilbad Gesellschaft zur Interessenvertretung des Heilbades. Hier hat die AG zunehmend eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. Durch die von ihr selbst vorgenommenen Kursänderungen geriet die einstige „Kur-Verwaltung“ zunehmend zum Instrument der Selbstvermarktung. Dabei wurden andere Anbieter der Gesundheitswirtschaft und des Tourismus zunehmend von der Interessenvertretung ausgeschlossen.“

Dies muss und wird sich wieder ändern“, so Bürgermeister und Fraktionsvertreter unisono.

Die Geschäftsführung wird zunächst der Büroleiter der Stadtverwaltung, Christian Senk, im Nebenamt übernehmen. Senk: „Wir möchten ein deutliches Zeichen setzen, dass wir mit unseren Ressourcen überlegt umgehen. Wir werden insbesondere in Mitarbeiter, Infrastruktur und Programm investieren – nicht in den „Wasserkopf“. Einen „Personenkult“, wie zuletzt zu lesen war, wird es hier nicht geben.“

Ein Träger für die Identität der neugegründeten Heilbad-Gesellschaft ist das neugestaltete Logo, das bei dem Pressetermin erstmals zu sehen war. Die in einem Bronze-Ton gehaltene Wort-Bildmarke zeigt den Schriftzug Bad Neuenahr in Kombination mit einem Symbol des Großen Sprudels.

Christian Senk - zur Person:

Der studierte Betriebswirt steht seit 2003 im Dienst der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Nach zuletzt sechs Jahren im städtischen Liegenschaftsmanagement ist er seit Oktober 2012 büroleitender Beamter der Stadtverwaltung. Als Mitglied des Gründungsteams der Ahrtal-Werke GmbH ist ihm die schwierige Aufbauphase einer kommunalen Beteiligungsgesellschaft bereits vertraut.

Zum Hintergrund

Nach einer mehr als 150 jährigen Tradition als sog. „privates Heilbad“ in Rheinland-Pfalz hat die bisherige Trägerin, die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr, die Einstellung des Geschäftsfelds „Kurbetrieb“ zum Ende diesen Jahres beschlossen. Diese Maßnahme war der logische Schritt nachdem die Veräußerung sämtlicher Essentialia des Heilbades, bestehend aus der Heilquelle selbst und den wesentlichen Einrichtungen der Kurverwaltung, wie Kurpark, Lesehalle, Konzerthalle und Trinkhalle, an die Stadt im Juni 2012 sowie die Kündigung des anschließend mit der Stadt geschlossenen Rück-Pachtvertrages über die Kaufgegenstände zum 31.12.2013 erfolgte. Selbst die Kündigung der Mitgliedschaft im THV Rheinland-Pfalz und die Einstellung des Kulturprogramms für Gäste und Bürger zum Jahresende 2013 zeigen, dass die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr einen klaren Schlussstrich gezogen hat.

Nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen und den diese interpretierenden Begriffsbestimmungen des Deutschen Heilbäder- und Tourismusverband e.V. ist unter dem Kurbetrieb mehr als ein Angebot von Produkten und Leistungen der Gesundheitswirtschaft zu verstehen.

Es zählt hierzu vielmehr auch eine übergeordnete Koordinierungsfunktion mit eher gemeinnützigem Inhalt, die traditionell vom Träger des den Heilbadtitel tragenden Heilmittels ausgeübt wird. 

Da Bad Neuenahr ein Mineralheilbad, aufbauend auf der ehemals von Georg Kreuzberg entdeckten Heilwasserquelle ist, wurde die Stadt mit dem Erwerb der Quellen zur Trägerin. Die namensgebende Artbezeichnung des Heilbads basiert auf der kurmedizinischen Anwendbarkeit des ortsspezifischen Heilmittels, hier also von Heilwässern aus ortsgebundener Quelle, die vorgängig wasserrechtlich als Heilquelle anerkannt wurde („Großer Sprudel“).

Im Falle von Bad Neuenahr ist die Anwendungsart des Heilmittels die Trinkkur.
Diese ist der Dreh- und Angelpunkt des Heilbadbetriebs.

Der Träger ist gleichzeitig für übergeordnete Maßnahmen und Nachweise, z.B. über die erforderlichen Heilwasseranalysen sowie die Qualitätssicherung der Rahmenbedingungen zuständig. Hierzu zählt im Bereich der Kurverwaltung das Vorhalten einer Anlaufstelle für Gäste, die über alle Angebote und Leistungen im Ort informiert. Auch die Organisation eines regelmäßigen Austauschs der Akteure der Gesundheitsbranche ist durch die Kurverwaltung zu gewährleisten.

Angesichts der rasanten und tiefgreifenden Entwicklungen im Gesundheitswesen ist die Branche auf eine starke, verlässliche und sachgerechte Interessenvertretung angewiesen. Für diese kommt eine städtische Gesellschaft mehr als jeder andere Akteur in Betracht, da sie nicht im Verdacht steht, unternehmerische Einzelinteressen zu vertreten. Das verbindende Element ist das starke Standortinteresse, das nahezu grundlegende Aufgabenbeschreibung einer Stadtverwaltung ist.

Die Organisation eines angemessenen Kulturprogramms gehört ebenso zu diesen Aufgaben. Die genannten Aufgaben sind allesamt von gemeinnützigem Charakter. Die Mittel, die das Land einer Kurgesellschaft in Bad Neuenahr laut Spielbankgesetz zur Verfügung stellt, sind daher auch zweckgebunden an dieses Aufgabenprofil. Garant für eine wettbewerbsrechtlich und beihilferechtlich neutrale Verwendung kann letztlich nur die Heilbad Gesellschaft sein, da sie kein Wettbewerber mit Interesse an Eigenvermarktung ist.