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04.02.2013

Stellungnahme der Stadtverwaltung zur aktuellen Diskussion zum Thema „Abbruch von Gründerzeitfassaden“

  

4. Februar 2013

Der Erhalt der den Stadtteil Bad Neuenahr prägenden Baukultur ist ein wichtiger Auftrag für alle mit Verantwortung für die Stadt betrauten Akteure im Stadtgebiet, dem sich die Stadtverwaltung seit jeher verpflichtet fühlt. Insoweit teilt man die besondere Aufmerksamkeit, die viele Bürgerinnen und Bürger diesem Thema zuwenden.

Aus diesem Grund hat die Verwaltung bereits in der Vergangenheit die Initiative ergriffen, Gründerzeithäuser und insbesondere deren Fassaden zu schützen und so dauerhaft für die Nachwelt zu erhalten. Mit diesem Ziel wurde zuletzt im September 2012 eine umfassende Aufstellung besonders erhaltenswerter Gebäude erstellt und diese der Kreisverwaltung und der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz vorgelegt.

So wurden auch die derzeit diskutierten Gebäude “Berliner Hof“ (Ahrstraße 15) und das Nachbargebäude in der Ahrstraße 13 in die Liste aufgenommen, die über die Kreisverwaltung Ahrweiler als unterer Denkmalpflegebehörde an die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz mit der Bitte um Unterschutzstellung als Kulturdenkmal weitergeleitet wurde. Die Generaldirektion Kulturelles Erbe kam jedoch nach Prüfung der Voraussetzungen des Denkmalschutzgesetzes zu dem Ergebnis, dass dieses Gebäudeensemble kein Kulturdenkmal und insoweit nicht schützenswert ist.

Aus dem Recht am Eigentum ergibt sich somit eine Rechtslage, die es der Verwaltung derzeit nicht erlaubt, den Eigentümer der Häuser zum Erhalt derselben zu zwingen.

Der Verwaltung war das Vorhaben zwar durch ein Vorgespräch, dass die Planer und der Investor im Juli 2012 mit der Stadtplanung führten, bekannt. Mangels eines Bauantrages bestand jedoch kein konkretisierter entscheidungsbedürftiger Vorgang und insoweit auch kein Anlass für eine Gremienbeteiligung.

In diesen Fällen setzt die Verwaltung zunächst weiterhin auf Beratung und Unterstützung der Eigentümer, um eine Unterschutzstellung anzustreben. So bietet zum Beispiel das Steuerrecht den Eigentümer wie auch möglichen Käufern im Hinblick auf die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten deutliche Anreize für einen Erhalt der schützenswerten Gebäudeteile. Eine denkmalrechtliche Unterschutzstellung bietet daher erhebliche Vorteile. Auch deshalb wird die Verwaltung – gerade in Ansehung der notwendigen öffentlichen Diskussion dieses Themas – erneut die zuständigen Denkmalpflegebehörden mit der Thematik befassen. 

Zugleich prüft die Stadtverwaltung auf der Grundlage des Baugesetzbuches ob und wie der Erhalt historischer Bausubstanz im Spannungsfeld zwischen öffentlichem Interesse und dem Recht am Eigentum unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegeneinander abzuwägen ist. In diesem Zusammenhang muss im Rat – soweit die staatlichen Denkmalpflegebehörden eine Unterschutzstellung dauerhaft und abschließend versagen – die Möglichkeit der Einführung einer Satzung nach § 172 BauGB diskutiert werden. 

Eine verallgemeinernde Kritik, dass die Stadtverwaltung dem Abriss von Gründerzeithäusern gleichgültig gegenüber stehe und die Investoren tatenlos gewähren ließe, entspricht somit nicht den Tatsachen. In diesem Zusammenhang sei zur korrekten Darstellung der Situation der Hinweis erlaubt, dass die Häuser in der Ahrstraße 13 und 15 zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht von einem Immobilienunternehmen erworben wurden. Mithin trifft auch die Behauptung schwerlich zu, diese Wohnungen seien von diesem bereits weiterverkauft worden.

Auch entspricht eine Verdrängung junger Familien aus dem Stadtteil Bad Neuenahr nicht den Tatsachen. Zwar lebt ein im Vergleich zu den anderen Stadtteilen erhöhter Anteil älterer Menschen in Bad Neuenahr – ebenso wohnen aber gerade in diesem Stadtteil auch besonders viele Familien mit Kindern. So leben rund 1400 Kinder und Jugendliche in Bad Neuenahr – die dortige Grundschule ist sogar eine der wenigen im gesamten Landkreis, die sich noch über stabile  Schülerzahlen freuen kann.      

Gleichwohl sieht auch die Verwaltung die Bedeutung einer an allen Belangen orientierten und ausgewogenen Stadtentwicklung. Dabei sind sowohl der Erhalt stadtbildprägender Gebäude, eine verträgliche Modernisierung des Bestandes in den Zentren und zugleich eine Vielfalt der Wohnangebote, sowohl in Form barrierefreier wie bezahlbarer und energetisch zeitgemäßer Neubebauung, anzustreben.